Schlafkultur – So schlafen Menschen rund um den Globus
Schlaf ist ein faszinierendes Phänomen, das die gesamte Menschheit vereint. Egal, auf welchem Kontinent und in welche Verhältnisse wir geboren wurden, schlafen müssen wir alle. Doch das Wann, Wo und Wie unterscheidet sich teils erheblich. Zeit, einen Blick über den eigenen Tellerrand zu werfen und die Schlafkultur verschiedener Völker einmal genauer unter die Lupe zu nehmen! Und wer weiß, vielleicht entdeckt ihr die eine oder andere positive Schlafgewohnheit, die euch dazu inspiriert, kleine Veränderungen in der eigenen Schlafroutine vorzunehmen – und so das Erholungspotenzial eures Schlafs voll auszuschöpfen.
Schlafenszeit – Ausgedehnte Nachtruhe, Siesta oder kurzes Nickerchen?
Die Schlafkultur ist eng mit dem Umgang der Menschen mit Zeit verknüpft. Wann es Zeit für eine Erholungspause ist, liegt dabei immer im Ermessen der jeweiligen Gesellschaft und ihrer Vorstellungen von Aktivität und Ruhe. In der westlichen Welt sind Regenerationsphasen klar vom Arbeitsalltag getrennt. Während sich tagsüber der Arbeit gewidmet wird, ist nach einer vollbrachten 8-Stunden-Schicht endlich Zeit für Freizeitaktivitäten und die wohlverdiente Nachtruhe, die dementsprechend ausgedehnt zelebriert wird – ein Minimum von acht Stunden Schlaf pro Nacht wird meist empfohlen.
Ganz anders sieht das beispielsweise in Spanien und einigen arabischen Kulturen aus. Die unerträgliche Hitze macht körperliche Arbeit in diesen Ländern zur Mittagszeit besonders mühselig, sodass die heißeste Zeit des Tages stattdessen für eine Erholungspause genutzt wird. Diese ist oft zwei bis drei Stunden lang und bietet Zeit für ein ausgedehntes Mittagessen, an das sich gerne auch mal ein als Siesta (Spanien) oder Taaseela (Ägypten) bekanntes Mittagsschläfchen anschließt.
Ein wiederum anderes Schlafkonzept findet sich in vielen asiatischen Ländern. Dort wird oftmals jedes sich bietende Zeitfenster für ein kleines Nickerchen genutzt. Ob beim Pendeln zur Arbeit, mittags im Büro oder auch einmal mitten im Meeting: Gelegenheiten, um kurz in den Schlaf abzudriften, lassen sich viele finden. Der eigentliche Schlaf während der Nacht ist in diesen Ländern meist verkürzt, doch interessanterweise unterscheidet sich die gesamte Schafdauer nicht wesentlich von dem im westlichen Teil der Erde praktizierten 8-Stunden-Schlaf.
Schlafkonstellationen – Von Einzelschläfern und Gruppenbetten
Wenn von Schlafkultur die Rede ist, ist die Frage nach der familiären Schlafkonstellation nicht weit. In Deutschland sind wir es gewohnt, dass sich die Eltern ein Bett teilen, während jedes Kind sein eigenes Kinderzimmer mit Bett bekommt. Doch in polygamen Kulturen ist es beispielsweise vollkommen normal, dass die Frau zusammen mit ihrem Baby in einem Bett schläft, während der Mann woanders übernachtet. Bei einigen Urvölkern dagegen ist eine solch „isolierte“ Schlafumgebung undenkbar. Die Aborigines in Australien etwa sind dafür bekannt, anstatt alleine oder in verschiedenen Zimmern in einer großen Gruppe zu übernachten: Die Betten sind in langen Reihen angeordnet, wobei die stärksten Mitglieder der Gemeinschaft am Rand schlafen, während jüngere und ältere Personen in der Mitte der Gruppe Schutz suchen. Diese Schlafgewohnheit geht auf den kulturellen Glauben zurück, dass Zusammengehörigkeit eine wichtige Voraussetzung für einen erholsamen Schlaf ist. Diese Einstellung ist so ziemlich das genaue Gegenteil zu dem, was wir im Westen betreiben, wo Schlaf als eine private und äußerst intime Angelegenheit gilt.
Schlafkultur in den USA
Die Schlafkultur in den USA scheint sich auf den ersten Blick nicht sonderlich von unseren deutschen Schlafgewohnheiten zu unterscheiden. Doch tatsächlich gibt es einige interessante Unterschiede. Zum einen wird in Amerika der Bedeutung eines regenerierenden Power-Naps während der Arbeit seit einiger Zeit ein höherer Stellenwert zugeschrieben als bei uns in Deutschland. Außerdem unterscheidet sich auch das typische Nachtlager ein wenig von dem, was wir hierzulande gewohnt sind. Das Boxspringbett stammt nämlich ursprünglich aus den USA und ist dort noch weiter verbreitet als hierzulande. Doch da die typischen Matratzen in Amerika wesentlich dicker ausfallen, besteht das typisch amerikanische Boxspringbett häufig nur aus zwei Komponenten, denn der Topper wird dort in die Matratze integriert.
Schlafkultur in Japan
Was für uns im Westen kaum vorstellbar ist, war in Japan früher Tradition: Es gab kein gesondertes Schlafzimmer mit Bett, stattdessen wurde einfach in einem Raum in der Wohnung ein Futon für die Nacht ausgelegt. Nach dem Aufwachen am nächsten Morgen wurde dieser einfach in einem Schrank verstaut und das Zimmer konnte tagsüber wieder für seinen ursprünglichen Zweck genutzt werden. Auch wenn aufgrund des westlichen Kultureinflusses mittlerweile viele Japaner ihre Nächte in Betten verbringen, schläft etwa die Hälfte immer noch auf Futons. Dies lässt sich unter anderem damit erklären, dass japanische Wohnpreise extrem teuer sind und ein allein als Schlafzimmer genutzter Raum deshalb ein Luxus ist, den sich nicht alle leisten können.
Die Schlafkultur der Japaner unterscheidet sich aber noch in einem anderen Punkt von der unseren: Als Nickerchen-Kultur sind kurze Erholungspausen dort vollkommen normal. Müde Schüler, die während des Unterrichts ihren Kopf auf ihr Pult betten, würden hier in Deutschland wohl getadelt. In Japan dagegen ist dies gesellschaftlich akzeptiert. Auch auf der Arbeit ist es keine Seltenheit, einen Büroangestellten bei einem Schläfchen zu ertappen. Dieses als Inemuri bekannte Nickerchen in der Öffentlichkeit ist dabei durchaus positiv behaftet und wird überraschenderweise mit vermehrter Produktivität assoziiert: Es wird angenommen, dass der oder die Angestellte davor so hart gearbeitet hat, dass ihm oder ihr nun als Belohnung eine kleine Pause zusteht.
Schlafkultur in Skandinavien
In Skandinavien schlafen Kleinkinder oft an der frischen Luft. Wenn ihr Norwegen oder Schweden schon einmal besucht habt, ist euch vielleicht dieser besondere Trend aufgefallen: Dutzende von Kinderwagen, die vor Cafés und Supermärkten geparkt sind. Skandinavische Eltern lassen ihre dösenden Babys oft draußen im Kinderwagen schlafen, während sie selbst im Geschäft ihre Besorgungen erledigen. Für besorgte Eltern mag das wie eine Einladung zum Kidnapping erscheinen, aber in der skandinavischen Schlafkultur gilt das Schlummern im Freien als viel gesünder für die Kleinen. Dieser Glaube ist so weit verbreitet, dass viele Kindertagesstätten und Vorschulen in diesen Ländern den Mittagsschlaf draußen abhalten, damit die Kinder mehr frische Luft schnappen können.
Fazit: Schlafkultur rund um den Globus
Die Art und Weise, wie die Welt schläft, ist so vielfältig wie die Menschen, die sie bewohnen. Denn wenn es um guten und erholsamen Schlaf geht, gibt es keine Einheitslösung für alle. Egal, ob ihr lieber bei euren acht Stunden Schlaf bleibt oder in Zukunft öfter mal einen Power-Nap oder sogar ein Nickerchen an der frischen Luft einlegen wollt, am Ende kommt es nur darauf an, eine Schlafroutine zu finden, die für euch persönlich funktioniert. Wenn die Schlafqualität stimmt, werdet ihr euch nach dem Aufwachen gut erholt und energiegeladen fühlen – und das ist das eigentliche Ziel, das wohl jede Schlafkultur gemein hat.
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